Lerneffekte statt Fehler: Herausforderungen in Borneo und Änderungen unseres Konzepts
Wir haben bei unserer Arbeit immer Wert auf Transparenz gelegt. Ein transparenter Informationsfluss von den Feldern zu uns und von uns zu euch bedeutet, dass alle Beteiligten auf der Grundlage umfassender Informationen bessere Entscheidungen treffen können. Das schafft realistische Erwartungen und gibt uns allen die Chance, auf Entwicklungen mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren. Mit anderen Worten: Nur durch eine transparente Kommunikation auf allen Ebenen lassen sich qualitative Projekte umsetzen.
In diesem Sinne möchten wir euch einige aktuelle Erkenntnisse mitteilen und erläutern, wie wir diese angehen werden. Ende 2022 führten wir eine Evaluierung unserer ersten sieben Jahre Arbeit in Borneo durch, die den Zeitraum von 2014 bis 2020 abdecken und die wir „1 Million Trees“ nennen. Die Ergebnisse der Evaluierung stellten einige grundlegende Annahmen in Frage, die unserer Arbeit zugrunde liegen.
1. Wenn Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Zentralkalimantan Sengon-Bäume pflanzen, wachsen die Bäume schnell und in einer Qualität, dass sie an die holzverarbeitende Industrie verkauft werden können.
Die Evaluierung hat uns leider gezeigt, dass die Qualität der Setzlinge und die Schulungen, die den Landwirten in den ersten Jahren angeboten wurden, nicht ausreichten, um die hohe Sterblichkeitsrate der Setzlinge während und nach der Pflanzung zu verhindern und das Wachstum einer großen Anzahl von qualitativ hochwertigen Stämmen zu gewährleisten, die jetzt geerntet werden können. Wir haben erkannt, dass die Schulungen unzureichend waren, und haben bereits im Jahr 2020 unsere Farmer Field School eingeführt, einen Schulungskurs mit einem festen Lehrplan, der theoretische und praktische Lektionen sowie Wissenstests enthält. Dadurch konnten wir die Qualität und Konsistenz der Schulungen und der Anpflanzungen erhöhen. In Zukunft werden wir auch nicht mehr nur über die verteilten Setzlinge berichten. Diese Kennzahl erzählt nur einen Teil der Geschichte aus. Sobald wir in der Lage sind, die Daten zu erheben, werden wir zusätzlich über die Anzahl stehender Bäume 6 Monate nach der Anpflanzung berichten.
2. In großem Maßstab wird der Transport des Holzes nach Java kostspielig sein, aber den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern genügend Gewinn bringen
Eine Probeernte im Jahr 2022 hat uns gezeigt, dass der Transport von den Pflanzplätzen in Zentralkalimantan zu den derzeit aktiven Verarbeitungsbetrieben in Java bis zu 70 % des Holzwerts kosten kann, was das Einkommen der Farmer erheblich schmälert. In großem Maßstab könnten diese Kosten niedriger sein, aber zumindest für einige Jahre werden die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern keine ausreichend große Menge an Holz zum Verkauf und zum Transport haben. Daher konzentrieren wir uns mehr auf lokale Holzmärkte und Verarbeitungsmöglichkeiten, die in Zentralkalimantan in kleinerem Maßstab realisiert werden können.
3. Durch die Verteilung von einer Million Setzlingen wird in Zentralkalimantan ein ausreichendes Holzangebot geschaffen; die verarbeitende Industrie wird in (Vor-)Verarbeitungsanlagen in Palangka Raya investieren.
Dies ist bisher noch nicht geschehen. Wir arbeiten nun mit der Provinzregierung, lokalen und nationalen Interessengruppen zusammen, um neue Ansätze für die Verarbeitung in Zentralkalimantan zu finden, die von neuen Produkten für den lokalen Markt bis zu öffentlich-privaten Partnerschaften mit der indonesischen Regierung reichen.
4. Sengon und andere Leichthölzer sind mit Palmöl konkurrenzfähig
Gegenwärtig wird mit Leichtholz allein nicht das gleiche Einkommen erzielt wie mit Palmöl, das eine Kleinbäuerin oder ein Kleinbauer auf der gleichen Fläche anbauen würde. Das liegt auch daran, dass die Palmölindustrie seit Beginn unserer Arbeit ihre Kleinbauernprogramme deutlich ausgebaut hat und die Farmer auf vielfältige Weise unterstützt. Auch unser Ansatz ändert sich: Wir analysieren, welche Teile des Arbeitsablaufs beim Holzanbau für die Farmer schwierig sind, und bieten gezielte Hilfe an. Außerdem bieten wir den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern heute ein viel breiter gefächertes „Paket“ an, das aus Leichtholz, aber auch aus schnell wachsenden lokalen Holzarten, die in Palangka Raya nachgefragt werden, sowie aus Obstbäumen und Kakao besteht. Wir glauben, dass diese Einkommensquellen zusammen mit Palmöl konkurrieren können.
Wir glauben, dass dies nicht die letzten Herausforderungen sein werden, denen wir uns stellen müssen. Unsere Herangehensweise an die Herausforderungen hat sich nicht geändert: Wir betrachten sie mit Offenheit, analysieren die Auswirkungen und passen unsere Arbeit an, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Wir haben ein großartiges Team mit diversen Vorerfahrungen und Perspektiven aufgebaut und diskutieren konstant, wie wir unsere Projekte besser machen können. Und wir werden auch weiterhin transparent kommunizieren, sowohl in Bezug auf die Dinge, die gut und wie geplant gelaufen sind, als auch in Bezug auf diejenigen, die nicht so gut gelaufen sind.